Was geschah bis jetzt?

Wie fange ich an? Wenn ich wüsste, wie und wann genau es anfing, wäre es leichter. Ich setze jetzt einfach den Anfang auf 2006 und liste ganz nüchtern die Fakten auf:

Anfang 2006: Zum ersten Mal klage ich meiner Hausärztin mein Leid - Schlafstörungen, Schlaflosigkeit, Rückenschmerzen, Angstzustände und Panikattacken. Sie verschreibt mir Zolpidem und Aprazolan. Außerdem rät sie mir zu einem Psychiater zu gehen. Ich lehne ab. Ich muss arbeiten.

November 2006: Hörsturz. Kortison-Infusionen, 6 Wochen krankgeschrieben. Der HNO diagnostiziert neben dem Tinnitus eine Hörschwäche.

2007 - 2008: Die Rückenschmerzen kommen öfter und heftiger. Schmerzen im rechten Fuß kommen dazu. Später im linken Fuß ebenfalls. Angstzustände lähmen, Freizeitgestaltung = 0. Ich werde interessenloser und leide unter meiner Vergesslichkeit und Nervosität. Schlafen kann ich nur noch mit Schlaftabletten. Ende 2008 verlor ich meinen Job.

2009: Ich plane mit meinem Mann zusammen unseren Umzug (die Wohnung wurde zu teuer). Es kommt mir vor, als ob ich mit letzter Kraft alles Notwendige erledige. Ich fühle mich mehr und mehr erschöpft und unmotiviert. Doch immer noch kann ich mich zwingen, nehme Monoflam gegen die Schmerzen, Zolpidem zum Schlafen und wenn es knifflig wird Aprazolan. Außerdem nehme ich ständig zu.

2010: Mein Gewicht liegt jetzt bei 95 kg. Seit 2006 habe ich also 30 kg zugelegt. Das Laufen fällt mir immer schwerer, die Schmerzen werden schlimmer. Trotzdem muss der Umzug bewältigt werden. Renovierung inbegriffen. Mit letzter Kraft, wie mir scheint. Am Ende des Jahres, als ich dachte nun endlich zur Ruhe kommen zu können, die Katastrophe. Ein schlimmer Streit verändert das ganze weitere Familienleben. Ich war nicht einmal beteiligt, doch meine Welt brach für mich zusammen. Ich ebenfalls - Nervenzusammenbruch. 3 Monate lang nur am heulen, Schmerzen, kaum Schlaf, bewegungsunfähig (ich bewegte mich nur schleichend durch die Wohnung, mein Körper fühlte sich an, wie in einer Schraubzwinge.) Es wurde unerträglich - nicht nur für mich -

März 2011: Jetzt musste ich zum Arzt. Ich war nicht einmal mehr fähig, eine Bewerbung zu schreiben. Und ich bräuchte so dringend einen Job. Doch es ging gar nichts mehr. Ich musste wohl oder übel zum Doc. Ich schrieb mir einen Zettel mit all meinen Beschwerden, damit ich nichts vergesse und weil ich befürchtete, dass ich wieder kein Wort herausbringe, wie so oft. Ich musste immer noch ständig heulen. Meine Füße waren geschwollen und ich sehnte mich nach Ruhe... Doch die sollte ich nicht bekommen.

Mein Hausarzt schrieb mich krank, verschrieb mir ein leichtes pflanzliches Mittelchen zur Beruhigung und überwies mich zum Psychiater, zum Rheumatologen, zum Radiologen, zum Internisten, zum Orthopäden, zum HNO, zum Gynäkologen. Ich glaube, das war´s erst einmal. Die folgenden Wochen und Monate waren ein auf und ab, ein Wechselbad der Gefühle. Schon einen Termin zu bekommen war ein Kraftakt für mich. So vergingen 6 Wochen und ich musste bei der Krankenkasse Krankengeld beantragen. Stress pur für mich, ich hatte von nix ne Ahnung und arbeitete wie ein Roboter alles ab, was mir auferlegt wurde. Die Krankenkasse war wider Erwarten meinerseits sehr kooperativ und hilfsbereit und zahlte mir anstandslos Krankengeld. Nun war ich nicht mehr arbeislos, sondern nur noch krankgeschrieben. Eigentlich eine kleine Erleichterung für mich, keine Anrufe und Briefe mehr vom Arbeitsamt, die mich jedesmal in Panik versetzt hatten.

Jetzt schleppte ich mich von Untersuchung zu Untersuchung, von Arzt zu Arzt.

Mai 2011: Ich fand zum Glück eine Psychotherapeutin, die mir einen kurzfristigen Termin gibt. Sie nimmt mich für eine tiefenpsychologische Therapie auf. Anfangs tue ich mich damit sehr schwer. Doch mit der Zeit wird es leichter und ich fühle mich manchmal sogar etwas besser, wenn ich mir alles von der Seele reden konnte.

Der Orthopäde verschreibt mir Physiotherapie. Tut echt gut und nach 12 x Kneten, drehen, strecken, dehnen und Ultraschall stellt sich sogar eine leichte Besserung ein. Ich war sogar 2 Tage lang fast schmerzfrei. Die Therapeutin erklärt mir, dass meine Nervenenden wohl entzündet und verkrampft sind. Ansonsten lautet die Diagnose LWS (Lendenwirbelsyndrom) und rheumatische Gelenkentzündung.

Der Radiologe stellte eine Schilddrüsenunterfunktion fest. Meine Schilddrüse bildet sich zurück, warum auch immer. Nun heißt es für den Rest des Lebens L-Thyroxin einnehmen. Täglich. OK, damit kann ich leben.

Beim Internisten war es besonders spannend. Nachdem er mich von Kopf bis Fuß untersucht hatte, Röntgenbilder und sogar eine CT anfertigen ließ, war sein Befund folgender: 1 Gallenstein. Der muss raus, wenn er Ärger macht. Außerdem müsste ich 30 kg abnehmen, dann verschwinden auch die Probleme mit den Gelenken und überhaupt. Dann erklärt er mir, dass es sogar unter den Ärzten Hypochonder gäbe, dafür müsse man sich nicht schämen, das geht wieder vorbei. Das war für mich wie ein Schlag ins Gesicht. Ich fühlte mich so mies, es war unfassbar. Wollte oder konnte der mir nicht helfen?

Juli 2011: Reha-Antrag

Oktober 2011: 6 Wochen Reha, anstrengend und mit gemischten Ergebnissen. Ich habe viel gelernt. Entspannungsübungen, Sport, Vorträge, Ernährungsberatung. Ich absolvierte so gut ich konnte. Die Therapeutin der Klinik erklärte mir, dass ich an psychosomatischer Schmerzstörung leide und damit wohl leben müsste. Das ist nicht heilbar, doch man kann lernen, damit umzugehen. Ich sollte mich mit dem Gedanken befassen, EU-Rente zu beantragen. Ich war froh, als die 6 Wochen vorbei waren. Die Schmerzen blieben und verteilten sich nun über den gesamten Körper.

Ich ging also weiter zu meiner Therapeutin, mein Psychiater verschrieb mit jetzt Fluoxetin, das sollte mir angeblich helfen abzunehmen und gegen die ständige Müdigkeit helfen. Ich fahre Rad und habe mittlerweile 15 kg abgenommen. Ich war fest entschlossen, alles zu tun, damit ich bald wieder arbeiten kann. Bewegung und etwas Sport tut für den Moment immer gut, doch danach kommt oft das böse Erwachen. Ich fühle mich, als hätte ich den ganzen Garten umgegraben, dabei bin ich lediglich 1/4 Stunde mit dem Fahrrad gefahren. Langsam kommt immer mehr Verzweiflung auf. Die Panikattacken werden wieder mehr und die Schmerzen sind unberechenbar. Kommen und gehen, springen von einem Teil zum anderen. Heute Kopfschmerzen, morgen Knie, übermorgen die Hüfte und dann wieder die Schultern. Es wird wenigstens nicht langweilig.

Juni 2012: Tagesklinik. Nach 2 Wochen jedoch habe ich abgebrochen. Ich hatte einfach keine Kraft mehr. Der Sport ging nach hinten los - die Schmerzen wurden immer schlimmer. Die Gruppentherapien waren mir ein Graus - ich fühlte mich immer schlechter. Ich konnte  all die Menschen um mich herum nicht mehr ertragen, die Nähe zu ihnen verursachte mir Schmerzen und Übelkeit. Es kamen Darm- und Kreislaufprobleme dazu. Man entließ mich mit der Diagnose: Fibromyalgie, und noch einiger weiterer Befunde.

Juli 2012: Antrag auf EU-Rente.
August 2012: Ich probiere Kraft-Sport zum Muskelaufbau
September 2012: Ende der Krankengeldzahlung. Nun musste ich wieder zum Arbeitsamt. Jetzt bin ich wieder arbeitslos, jedoch weiter krankgeschrieben.





1 Kommentar: